Die Oberressl-Theuer Saga
(Teil 2)
Gablonz an der Neisse
Wieder 10 Jahre später, am 12. 9. 1938, heirateten Josef und Johanna in Deutsch-Liebau. (Den Trauschein
kann man sich hier im Archiv ansehen).
Gablonz auf einer alten Postkarte
Als Wohnsitz erwarben sie von einem Baumeister ein Haus in Gablonz. (Zwischen Gablonz und Gränzendorf
verkehrte eine Straßenbahn). In diesem Haus, Lerchenfeldstraße 62, wurde ich an einem 14. August geboren.
Die Hebamme war Frau Letfus, eine befreundete Nachbarin. Die Letfus wurden meine Taufpaten. Ich habe heute
noch ein Sparbuch der Gablonzer Sparkasse, welches sie mir eingerichtet haben.
Nach dem untenstehenden Bild ließen meine Eltern von einem Maler ein Ölbild anfertigen, das
dann im Schlafzimmer hing und auf welches ich Besucher angeblich mit "schau, Lauser" aufmerksam machte.
Lauser
Im Oktober 1938 hatte Deutschland das Sudetenland annektiert, nachdem Österreich schon am 12. März 1938 an der
Reihe gewesen war. Schliesslich, am 1. September 1939 löste Deutschland den zweiten Weltkrieg aus, indem es ohne
Kriegserklärung in Polen einmarschierte. Das heißt, ich wurde Mitten in den Krieg geboren, im Großdeutschen Reich.
Mein Vater wurde zur Deutschen Wehrmacht einberufen und ward schließlich in Russland vermißt.
Die Farbfotos machte ich im Sommer 1993, als ich zusammen mit Clemens Gablonz
besuchte. Wie man auf dem Bild hier sehen kann,
war die alte Hausnummer noch erhalten.
Gablonz, Lerchenfeld-Straße 62
Das Haus ist auf dem nächsten Foto zu sehen. Es ist das
erste von links mit der über das Obergeschoss fortgesetzten Dachverkleidung.
Das war damals en vogue.
Gablonz, Lerchenfeld-Straße
Auf dem nächsten Bild, mit Clemens im Vordergrund, ist es das mittlere; auf diesem Bild ist im Hintergrund "Der Eigene Herd"
zu sehen. So nannte man den mehrgeschossigen Wohnkomplex. Der zog sich oberhalb des sichtbaren Ecks bis zur nächsten Straße
weiter und machte noch ein Eck. Der daran anschließende dritte Flügel verlief wieder parallel Zur Lerchenfeld Straße. Der
Eigene Herd hatte somit einen Innenhof, in den wir von den Fenstern an der Hinterseite unseres Hauses Einblick hatten.
Clemens, 1993, in der Lerchenfeld-Straße
Wir hatten zwei Mieterinnen im Haus. Eine ältere Witwe, Frau Kittel und eine unverheiratete
Dame, Frau Seckel. Einmal herrschte große Aufregung.
Wir standen alle am Fenster des Stiegenhauses. Im Hof vom Eigenen Herd wurden zwei Blocks "ausgesiedelt". Das
hieß, an zwei Haustüren hatten die tschechischen Schergen geläutet und es konnte niemand mehr heraus. An den
entsprechenden Hintertüren mußten sich alle sudetendeutschen Bewohner innerhalb von Minuten zum Abmarsch einstellen.
Ein paar Monate vorher, in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 waren wir auch an diesem Fenster gestanden. Einige
Nachbarn hatten sich eingestellt.
Man sah den Feuerschein der brennenden Stadt
Dresden am Nachthimmel. Wie wir heute wissen,
wurden 80 Prozent der Stadt zerstört, und etwa 35 000 Menschen kamen ums Leben. Ich spielte mit einem Dampfer aus Blei,
der nur ein paar Zentimeter lang und ganz schmal war. Auf einmal steckte er mir im Hals. Die Schlote hatten verhindert, daß
ich ihn verschluckt hatte, sie wollten aber auch verhindern, daß ich ihn wieder heraus bekam. Da wurde ich umgedreht und
bei den Enkeln gehalten. Jemand klopfte mir auf den Rücken, bis die Kehle wieder frei war.
* * *